Verlorene Schätze
von Brigitte Paschedag, erschienen im Herbst-Blatt Nr. 38 *, März 2005
Nehmen wir zu Gunsten des damaligen Presbyteriums der Stadtkirche an, dass es nicht wusste, wie bedeutend die Kunstwerke waren bzw. sind, die es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Spottpreis verkaufte.
Die Unnaer Marienklage
Leider ist das Kunstwerk nicht mehr vollständig. Die Dornenkrone Jesu und die Hand Marias sind durch Holzwurmbefall beschädigt bzw. ganz zerstört. Der unsachgemäße Versuch einer Restaurierung schadete mehr als er nützte. Besonders bedauerlich sind aber die Schäden an der Christusfigur. Beide Unterarme fehlen. Vermutlich stammt diese Verstümmlung bereits aus der Zeit der Reformation bzw. des Bildersturmes, dem viele Kunstwerke zum Opfer fielen.
Der Aussagekraft der Skulptur können diese Beschädigungen jedoch nichts anhaben. Vielleicht verstärken sie sogar den Ausdruck der Hilflosigkeit des unschuldig Hingerichteten.
Gleichzeitig zeigt der zu Füßen Marias liegende Schädel, dass der Tod besiegt ist.
Auffällig auch, dass Maria größer ist als der Sohn. Sie schlingt die Arme um ihn, hält ihn und damit das Heil der Welt in ihren Armen.
Ergänzende Links:
https://www.lwl.org/AIS5/Details/collect/59606
https://www.lwl.org/lmkukdok/KdM_06_1984.pdf
Maria Magdalena
Die 113 cm hohe Holzplastik der Maria Magdalena aus der Stadtkirche entstand um 1530.
Sie zeigt nicht die „Sünderin“, sondern eine gut situierte, würdevolle Dame mit vornehmem Gewand, modischer Frisur, Halsschmuck und Haube. In der einen Hand trägt sie ein kostbares Salbengefäß, dessen Deckel sie mit einer anmutigen Bewegung der anderen Hand hebt. Offensichtlich ist sie gerade im Begriff, Jesus die Füße zu salben, eine Begebenheit, die die Bibel im Zusammenhang mit dem Besuch Jesu im Hause des Lazarus erzählt (Luk. 10, Joh. 11). Gleichzeitig ist sie die Sünderin, die kostbare Salbe für Jesus, der sieben Dämonen aus ihr ausgetrieben hat, bringt, ihn salbt und seine Füße mit ihren Haaren trocknet. (Mark. 14). Auf alle diese Geschichten verweist das Salbengefäß. Das Kunstwerk zeigt, dass aus der ehemaligen Sünderin eine selbstbewusste Frau geworden ist, die es sich leisten kann, eine teure Salbe zu verschenken.
Ergänzender Link: https://www.lwl.org/AIS5/Details/collect/59755
Beide Kunstwerke befinden sich heute im Westfälischen Landesmuseum in Münster. Die Marienklage war sogar einmal „Kunstwerk des Monats“.
Christus als Weltenrichter
Die Figur des Christus als Weltenrichter stand noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in der Stadtkirche.
Hände und Füße der Figur sind beschädigt, dennoch ist an der rechten Hand das Wundmal zu erkennen. Die Nasenspitze ist abgebröckelt. Aber auch hier machen die Zerstörungen die Figur eher noch ausdrucksstärker.
Ergänzender Link: https://www.lwl.org/AIS5/Details/collect/69912
Es ist sehr bedauerlich, dass die beschriebenen Kunstwerke nicht mehr in der Stadtkirche, sondern in Museen stehen.
* Seniorenzeitschrift der Stadt Unna
Fotos: Westf. Landesmuseum Münster